Danke, Hannes, und: weitermachen!

Dienstagmorgen, neun Uhr, minus drei Grad, Allgemeines Rudern: zu viert hieven wir die „Anja“ ins Wasser. Stiege und Steg sind noch vereist, die Sonne ist gerade erst über dem Horizont aufgegangen, schenkt uns aber schon die schönste Vorahnung auf eine lohnende Bootspartie in winterlicher Kälte.

Zur Wahrheit an diesem Morgen gehört aber auch: während wir drei Damen motorisiert und damit recht bequem angereist sind, ist Hannes, der unser Boot an diesem eisigen Morgen steuern wird, schon die zehn Kilometer von seinem Wohnhaus in Pennigbüttel zum Vereinshaus an der Hamme geradelt. So wie er das fast immer macht, die Temperatur spielt für ihn keine nennenswerte Rolle. Während wir also noch verfroren unsere müden Muskeln motivieren müssen, ist Hannes schon mit lockeren Schritten und gut durchwärmt dabei, seine Skulls auf dem Steg zu sortieren.

Kein Wunder, dass der ruhige wie agile „Hannes“ – seine drei Vornamen Hans Heinrich Hermann kennen wohl nur die wenigstens im Verein – nicht den runden Geburtstag feiern will, der in diesem Jahr „fällig“ würde. Denn die achtzig (besser passt wohl zu ihm: zweimal vierzig) Lebensjahre merkt man ihm ohnehin nicht an. Mit seiner Erfahrung, Ausdauer und Disziplin steckt Hannes die Jüngeren allemal in die Tasche.

Hannes tauft einen Einer
Blick auf die Elbe (Hannes links)

Lieber feiert Hannes in diesem Jahr ein anderes Jubiläum: Vor 50 Jahren nahm der junge Mann in der Hütte des Alpenvereins am Torfhaus Ende Januar an einem „Lehrgang für Ruderwarte und Ruderwartinnen“ teil. Da war Hannes bereits sieben Jahre lang Mitglied im RV OSCH. 36 Teilnehmer aus 24 Vereinen waren in den Oberharz gekommen, um sich entsprechend schulen zu lassen. „Das war der Einstieg in meine Tätigkeit als Übungsleiter, Jugendleiter, Trainer im RV OSCH“, notiert Hannes auf seiner Einladung zu einer kleinen Feier im Vereinsheim.

Es wäre vermessen, an dieser Stelle all das aufzählen zu wollen, was Hannes in einem halben Jahrhundert für den Verein geleistet hat. Fest steht: ohne ihn wäre der RV OSCH ein ganzes Stück ärmer, Hannes ist schlicht und ergreifend unersetzbar. Die unermüdliche ehrenamtliche Tätigkeit neben seiner fordernden Berufstätigkeit als Ingenieur – zu seiner Bremer Arbeitsstelle pendelte er lange vor „Fridays for Future“ selbstverständlich auch schon mit dem Rad (O-Ton Hannes: „Man ist erstaunt, wie selten das Wetter schlecht ist“) – hat ihm 2015 denn auch eine besondere Ehre verschafft: Hannes erhielt die Verdienstmedaille des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.

Der damalige Bundespräsident Joachim Gauck hatte die Urkunde für Hannes‘ „besondere Verdienste für Volk und Staat“ ausgestellt, überreicht wurde sie von Landrat Bernd Lütjen. Angeregt hatte die Ehrung der damalige Vereinsvorsitzende Thomas von Breitenbach. In der Laudatio hob Lütjen das ehrenamtliche Wirken von Frauen und Männern in den Vereinen und Institutionen ganz allgemein hervor.

Heute sieht es in den meisten Vereinen eher mau aus, was ehrenamtliche Dienste betrifft. „Der deutsche Breitensport wurde in der Corona-Pandemie zum Intensivpatienten“, schrieb die Frankfurter Allgemeine Zeitung. „Zwei Jahre, in denen stetige Ungewissheit die einzige Konstante war, haben Vereinen und Verbänden zugesetzt.“ Es mangele an Schiedsrichtern, Trainern, Betreuern. Es fehlt, kurz gesagt, an Vorbildern wie Hannes. Und damit an Leuten, die nicht zuerst ihre eigenen sportlichen Erfolge ins Rampenlicht rücken wollen als sich vielmehr dem sportlichen Gemeinwohl verpflichtet fühlen.

Hannes hat sich stets für den Breitensport eingesetzt, sein Herz schlug auch für den Wanderrudersport, den er nach wie vor organisiert, er hat das Bootsmaterial gepflegt, Vorstandsarbeit geleistet und darüber hinaus den internationalen Jugendaustausch vorangetrieben. Die jährliche Harzfahrt, während der er in schneereichen Wintern seinen Ruderkameraden die Kenntnisse des Langlaufs vermittelte, darf auch nicht unerwähnt bleiben. Und wenn der Schnee ausblieb, wurde eben gewandert. Hauptsache, in Gemeinschaft etwas tun und in Bewegung bleiben. Was alles dank seines Vereinsengagements in Bewegung gekommen ist, kann unmöglich hier einzeln aufgezählt werden. Eher müsste man fragen: was hat dieser hochgewachsene und bescheidene Mann eigentlich nicht gemacht?

Dazu zählt vor allem eins: Hannes hat nie die Geduld verloren. Er ist sich in all den Jahren nie zu schade gewesen, immer wieder mit den blutigsten Anfängern ins Boot zu steigen und jedes Jahr aufs Neue an den Schnupperkursen mitzuwirken. Wer ein bisschen Rudererfahrung hat, weiß, was das bedeutet. Kleine Missgeschicke wie das eigene Kentern ausgerechnet in einem solchen Anfängerkurs nimmt er mit Humor.

Dafür und für so Vieles andere, was hier nicht erwähnt werden konnte, sagen wir Hannes ein herzliches Dankeschön! Die Ruderrunde am Dienstagmorgen verlief übrigens wie erwartet herrlich rund – dank Hannes, der uns wieder einmal sicher und ruhig über das spiegelglatte, teils leicht vereiste Wasser steuerte. Auch dafür und für hoffentlich noch viele schöne Touren – danke! Und natürlich: weitermachen!

von Birgitta vom Lehn

Fari Cup 2017 - Brigitte, Heiner, Hans, Erhard, Matthias
Fari Cup 2017 – Brigitte, Heiner, Hannes, Erhard, Matthias